Statement aus der Ratssitzung

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

meine Damen und Herren,

 

die Mitglieder der SPD Fraktion sind sicherlich in der Lage eine 44 Seiten starke Machbarkeitsstudie nebst Anlagen innerhalb eines Zeitraumes von 14 Tagen zu lesen, in der Fraktion und mit dem technischen Beigeordneten Herrn Schröder zu besprechen und dann zu einer Entscheidung zu kommen. Ich frage Sie ernsthaft, ob diese Vorgehensweise einer transparaenten politischen Diskussion entspricht?

 

Zu einer politischen Diskussion gehört nach unserer Auffassung eine Diskussion in den Fachausschüssen des Rates. Dort kann dann das Für und Wider einer Entscheidung mit einer solchen Tragweite auch besprochen werden. Hierbei besteht auch die Möglichkeit für die Bürgerschaft an der politischen Meinungsbildung teilzuhaben. Diese politische Diskussion in den Fachausschüssen findet aber nicht statt. Die Bürgerschaft hat uns sicherlich nicht gewählt, damit wir in internen Sitzungen einsame Entscheidungen treffen, die dann der Allgemeinheit vorgesetzt werden.

 

Alle politischen Parteien sind bei der Kommunalwahl angetreten, um die politische Diskussionskultur zu verbessern und durch mehr Transparenz und eine Beteiligung der Bürgerschaft, eine höhere Akzeptanz und Zufriedenheit bei den Bürgern zu bewirken. Ich rede jetzt nicht davon, dass wir jede kleine Bestellung der Verwaltung, an der der Rat beteiligt werden muss, öffentlich diskutieren müssen. Aber eine Entscheidung mit einer solchen Tragweite und mit derartigen finanziellen Auswirkungen für die Stadt Kempen kann nicht in einem derartigen undemokratischen Verfahren durchgepeitscht werden.

 

Der Hinweis der Verwaltung und der CDU Fraktion, dass die bisher durchgeführten Beteiligungen der Schulen und der Sportvereine eine ausreichende Bürgerbeteiligung sind, ist für uns nicht akzeptabel! Die der Vorlage beigefügten Protokolle belegen eindeutig, dass bei diesen Gesprächen nur über Annahmen und Ideen gesprochen worden ist.

Auch der Einwand von Bündnis 90 eine Bürgerbeteiligung im Juli 2020 mittels eines Infostandes auf der Straße durchgeführt zu haben, kann nicht ernsthaft als eine repräsentative Beteiligung der Bürgerschaft bezeichnet werden. Nicht viel mehr als eine grüne Anhängerschaft wurde bei dieser Bürgerbeteiligung gesichtet. Und dort wurde dann eine Idee der Partei und keine fundierte Machbarkeitsstudie präsentiert. An dieser Stelle möchte ich Bündnis 90 dazu gratulieren, dass Sie doch noch zu der Einsicht gekommen sind, dass eine Bürgerbeteiligung wohl angebracht sei. Oder handelt es sich dabei um reines Wahlkalkül?

Erst jetzt, wo die Machbarkeitsstudie vorliegt könnte eine fundierte und sinnvolle Diskussion mit allen Beteiligten und Betroffenen erfolgen. Wenn es nach der zum Zeitpunkt der Entscheidung im Juni 2020 entscheidenden Ratsmehrheit aus CDU und FDP gegangen wäre, hätten wir heute noch nicht einmal eine Wahl. Erst durch Herrn Bürgermeister Dellmans wurde es ermöglicht, auch eine weitere Variante für einen Schulstandort zu diskutieren.

Und dies sollte wir nun auch tun! Wir, die SPD Fraktion erwarten eine Beteiligung der Bürgerschaft, der betroffenen Schulen und Sportvereine, bei der diese auch die Möglichkeit haben, sich an der Diskussion unter Berücksichtigung der nunmehr vorliegenden Zahlen und Fakten zu beteiligen, Ihre Anregungen und auch Bedenken einzubringen und so den Entscheidungsprozess mitzugestalten. Die gestern auf unseren Druck hin nachgeschobene Möglichkeit „zuhören“ zu dürfen, ersetzt eine demokratische transparente Bürgerbeteiligung keinesfalls.

 

Eine Entscheidung über dieses Vorhaben zum jetzigen Zeitpunkt ist mit den uns vorliegenden Zahlen und Fakten schlicht unseriös und nicht möglich! Betrachtet man die Auswirkungen dieses Projekts auf die Schulformen und die Sportlandschaft, sind noch ganz andere Faktoren maßgeblich, die leider keine Berücksichtigung finden. Ich will jetzt hier gar nicht über die finanziellen Auswirkungen sprechen!

Grundlage für ein solches Vorhaben ist unseres Erachtens unter anderem eine Gesamtplanung für die zukünftige Schullandschaft. Hierbei wäre dann festzulegen, wie die einzelnen Schulen später in zukunftsorientierten Räumlichkeiten, die auch neuen Unterrichtsformen entsprechen, untergebracht werden. Hier gibt es auch nur wage Annahmen und es hört sich bisher so an, als würden die alten Schulen nur gereinigt und neu angestrichen. Von einem richtigen Schulcampus wird nicht mehr gesprochen. Grundlage für dieses Gesamtkonzept wäre ein pädagogisches Konzept, in dem Lernformen der Zukunft auch dargelegt sind. Ein solches Konzept liegt meiner Fraktion bis heute auch nicht vor!

Auch die Sportentwicklungsplanung ist noch gar nicht abgeschlossen, aber diese kann nur Grundlage für die Entscheidung sein, Sportplätze und Sporthallen in Kempen zu bauen. Die SPD Fraktion fordert diese Sportentwicklungsplanung seit dem Jahr 2009. Stattdessen werden immer wieder Projekte im Sportbereich auf Zuruf geplant und gebaut, ohne zu wissen, welche Auswirkungen dies auf die Sportlandschaft von Kempen hat. Auch der neue Sportpark an der Berliner Allee ist zugegebenermaßen eine tolle Sache, aber wie wirkt sich diese Maßnahme auf die Sportlandschaft in Gesamtkempen aus? Wird der Ortsteil St.Hubert seine ihm seit Jahrzehnten versprochene Ersatzsportanlage für den Sportplatz An Eulen bekommen, oder wird dieses Versprechen dann nicht mehr eingehalten!

Wie gesagt, eine Entscheidung ohne diese wichtigen Informationen und Konzepte ist eigentlich unmöglich!

 

Dennoch sind wir heute gezwungen eine Entscheidung zu treffen und ich sage es vorweg: Die SPD Fraktion wird sich für die Variante eines Baus in L-Form, direkt neben dem LvD entscheiden. Hierfür sprechen nicht nur die finanziellen Auswirkungen. Einen Betrag von fast 6 Millionen EUR einfach so durchzuwinken und zu sagen, dass fällt im Rahmen des Gesamtprojektes nicht so sehr ins Gewicht, halte ich für untragbar. Wer sich die 5 Jahresplanung des aktuellen Haushaltes anschaut, sieht schnell, dass auch die Belastungen für einen 6 Millionen Kredit den Haushalt stark belasten. Die Haushaltssicherung droht, und wir winken schnell noch einmal ein paar Millionen durch, bevor der Landrat seine Finger draufhat!

Auch der Zeitfaktor spielt hier eine Rolle. Es wird hier argumentiert, dass eine Entscheidung unbedingt heute fallen muss, weil uns die Zeit davonläuft. Die mindestens halbjährige Verzögerung einer Bebauung des Ludwig-Jahn-Platzes spielt dann aber wiederrum keine Rolle. Und ob es bei dieser halbjährigen Verzögerung bleibt ist noch gar nicht gesichert., da das erforderliche Planrecht für einen Schulneubau noch gar nicht gegeben ist. Auch sind die erforderlichen Flächen für eine Verlagerung des Sportplatzes Stand heute noch gar nicht im Besitz der Stadt Kempen!

Die Gegner der Variante – Bebauung der Flächen neben dem LvD – haben nun festgestellt, dass ein erhaltenswerter Ahorn gefällt werden muss. Haben Sie sich mal die letzte Veröffentlichung des Vereins Denkmal an Kempen angesehen? Dort wird berichtet, dass im Bereich der Ludwig-Jahn-Straße Bodendenkmäler aus der Römerzeit dokumentiert sind. Ist denn sichergestellt, dass die Fläche des Ludwig-Jahn-Platzes frei von solchen Bodendenkmälern ist! Eine Untersuchung der Flächen durch das Rheinische Amt für Denkmalpflege wird auch eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen und die Bebauung des Ludwig-Jahn-Platzes auch noch weiter verzögern.

Die uns vorgelegte Zeitplanung ist nicht seriös! Hier werden die möglichen Risiken überhaupt nicht berücksichtigt. So kann von uns nicht beurteilt werden, ob diese Zeitplanung wirklich dem Vorhaben zugrunde gelegt werden kann.

Diese emotionalen Gefühle derer, die einen Erhalt der alten Sportanlage an der Ludwig-Jahn-Straße wünschen, sind uns genauso wichtig, wie den Baumschützern der Erhalt des Ahorns neben der Sporthalle an der Alten Wachtendonker Straße. Nebenbei bemerkt wären die Chancen für den Erhalt von Bäumen größer, wenn Sie unserem Antrag auf Schaffung einer Baumschutzsatzung zugestimmt hätten. Dann könnte ich ihrer Argumentation in diesem Punkt eher verstehen. So wirkt die Vorgehensweise der FDP unehrlich!

Was uns beim Bau der neuen Schulen fehlt, ist das pädagogische Konzept neuer Schulformen. Stattdessen wird unter Zeitdruck eine Schule nach bisherigem veraltetem Standard gebaut. Dies missfällt uns natürlich auch!

Nach Abwägung all dieser Punkte bleiben wir bei unserem Entschluss, den Ludwig-Jahn-Platz zu erhalten und stimmen gezwungener Maßen für einen Schulneubau in L-Form neben dem LvD.