Rede zur Verabschiedung des Haushaltes 2019

Rede zur Verabschiedung des Haushaltes 2019 am 18.12.2018

(es gilt das gesprochene Wort)

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

meine Damen und Herren,

endlich schaffen wir es, einen Haushalt vor Beginn des Jahres zu beschließen, in dem der Haushalt wirksam werden soll. Dies gesetzeskonforme Vorgehensweise wurde von meiner Fraktion schon seit Jahren gefordert. Herr Geulmann hat seine Ankünd8igung einhalten können und mit seinem Team die Umsetzung möglich gemacht. Hierfür recht herzlichen Dank!

Bei der Vorbereitung meiner Haushaltsrede zur Verabschiedung des Haushaltes 2019 habe ich feststellen müssen, dass ich einige Passagen meiner Haushaltsrede aus dem Vorjahr wiederholen könnte. Durch das bloße Überrollen der Zahlen des Haushaltes 2018 haben sich die wesentlichen Passagen des Haushaltsplanentwurfes für das Haushaltsjahr 2019 nur ein wenig verändert. Man könnte auch sagen, dass sich die Aufgabenstellungen des letzten Jahres bis heute nicht geändert haben und noch immer anzugehen sind!

Im Zuge der Beratung des Haushaltsplanentwurfes für das Jahr 2019 haben wir, die SPD Fraktion, uns zudem gefragt, wie belastbar unser Beschluss für den Haushalt 2019 wirklich sein wird. Schon im Zuge der aktuellen Beratungen von der Einbringung am 25.09.2018 bis zum Beschluss am heutigen Tage haben sich die Zahlen wieder verändert. Ausgehend von einem Defizit von 5,1 Mio EUR standen wir zwischenzeitlich bei einem Minus von „nur noch“ 3,4 Mio EUR! Nach Einbringung der neusten Veränderungsliste werden wir heute einen Haushaltsplan verabschieden, der mit einem Defizit von nunmehr 5,5 Mio EUR abschließen wird. Schaut man dann auf die Rechnungsergebnisse der letzten Jahre, können wir wohl davon ausgehen, wieder ganz andere Abschlusszahlen zu erhalten. Gerade eben haben wir erfahren, dass auch das Jahresergebnis für das Jahr 2017 mit einem Überschuss von 3,5 Mio EUR abschließen wird. Dies entspricht einer Abweichung von der Planung von über 5 Mio EUR.

Nachdem wir es geschafft hatten, die Gesamtverschuldung langsam nach unten zu fahren, müssen wir mit Vorlage des neuen Haushaltes feststellen, dass wir in der Fünfjahresplanung die Gesamtverschuldung wieder größer werden lassen. Dies gefällt uns allen sicherlich nicht! Rückblickend müssen wir uns deshalb fragen, ob es wirklich gut war, so zu handeln, wie wir gehandelt haben. Ausgehend von der aktuellen Gesamtverschuldung werden wir erst mal die 50 Mio Marke, die wir schon einmal überschritten hatten, nicht erreichen. Es stellt sich uns aber auch die Frage, ob es nicht besser gewesen wäre, rechtzeitiger in unsere marode Infrastruktur zu investieren. Nun sind wir gezwungen zu handeln! Unter diesen Umständen wird die dringend notwendige Sanierung unserer Gebäude wohl noch teurer werden! Wir alle hoffen nur, dass uns in der Zukunft ansteigende Zinsen nicht über die Maßen belasten werden. Der Werteverzehr an unserem Anlagevermögen setzt sich weiter fort! Wir stellen wieder einmal fest, dass wir auf Kosten zukünftiger Generationen leben!

Und ein weiterer Wehrmutstropfen, oder besser gesagt eine weitere enorme Belastung wird auf uns zukommen, wenn die von uns allen angeschobenen Maßnahmen im Bereich der Schulen und der Kindertagesstätten kassenwirksam werden. Dabei sind die Kosten für Rathaussanierung, Sanierung der Sporthallen und der Bürgerburg noch gar nicht rein gerechnet. Erste Zahlen werden wir Anfang des Jahres erhalten, wenn die Bestandserhebung der Schulen vorliegt. Ich hoffe, es wird kein böses Erwachen für uns geben.

Wie man den Zahlen des Haushaltsplanentwurfes entnehmen kann, ist kein Geld da, um Geschenke zu verteilen. Unsere Haushalte werden in den nächsten Jahren nicht auszugleichen sein. Ein Antrag auf Ausschüttung eines Teiles der Elternbeiträge für die Kindergärten oder eine Ausweitung des Ausbaus des Schwimmbades sind da ein völlig falsche Signal! Diese Vorgehensweise von Entscheidungen nach Kassenlage kann man dann wirklich nur nach als Politik nach Gutsherrenart bezeichnen. Eine ehrliche Aufklärung der Bürgerschaft durch den Antragssteller wäre hier wünschenswert gewesen!

Bei der Beratung des Haushaltsplanentwurfes 2019 sind meiner Fraktion und mir natürlich wieder die Personalkosten ins Auge gefallen. Bereits bei den Haushaltsberatungen 2018, nachzulesen in meiner damaligen Haushaltsrede, habe ich die Höhe der Personalkosten bemängelt. Dies hat dann auch der Landrat in seinem Bestätigungsvermerk zum Haushalt 2018 getan und er wird es auch zum Haushalt 2019 tun. Die Personalkosten in Kempen sind einfach zu hoch! Sicherlich haben wir in Kempen Besonderheiten und wir müssen auch zusehen, dass wir die Stellen mit qualifiziertem Personal besetzen. Wir dürfen aber dabei nicht vergessen, dass die Personalkosten zum Teil der Ausgaben gehören, die wir in gewissem Masse selbst beeinflussen können. Neben den vielen Pflichtaufgaben mit den dazugehörigen Ausgaben bleibt nicht viel Spielraum, um eigenmächtig handeln zu können.

Und genau aus diesem Grund haben wir keine Zeit mehr Entscheidungen in diesem Bereich auf die lange Bank zu schieben. Wir begrüßen sehr, dass mit Anfang des Jahres eine Mitarbeiterin im Bereich der Personalentwicklung anfangen wird. Hoffentlich bildet sich dann mit der neuen Leiterin des Haupt- und Personalamtes ein Team, das bei diesem Thema an einem Strang ziehen wird. Hierbei wird auch eine große Rolle spielen, wer den Bereich Personal nach dem Weggang von Herrn Ferber betreuen wird und wie sich die Aufgaben in den Dezernaten zukünftig verteilen werden. Hier sind noch intensive und konstruktive Gespräche erforderlich!

Zugegebenermaßen sind die Stellen, die jetzt noch über verschiedene Anträge in den Stellenplan nachgeschoben worden sind, nachvollziehbar und werden von uns auch mitgetragen. Aber das gleiche Vorgehen hatten wir auch schon im letzten Jahr. Von daher ist eine verbesserte Personalplanung und ein Personalentwicklungskonzept umso wichtiger. Dies habe ich auch schon in meiner Rede zum Haushalt 2018 gefordert!

Und in diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die Rede des Kämmerers, Herrn Geulmann, vom 25.09. verweisen. Er hat in vielen Passagen sehr selbstkritisch Verbesserungen und Veränderungen im Bereich der Personalplanung und Personalführung gefordert. Diese Veränderungen sind enorm wichtig und müssen dringend umgesetzt werden. Ich darf in diesem Zusammenhang dringend davor warnen, die Feststellungen und Empfehlungen der Verwaltungsstrukturuntersuchung der Firma Alewo nicht ernst zu nehmen. Es ist dringend erforderlich diese Feststellungen mit den von Alewo mitgelieferten Mitteln fortzuschreiben und auch um die neu hinzu gekommenen Aufgaben zu erweitern. Denn nur so werden wir dieses wichtige Instrument für zukünftige Personalmaßnahmen auch richtig nutzen. Zur Zeit fehlt mir aber noch der Glaube, dass es ein richtiges und ernsthaftes Interesse gibt, die Feststelllungen des Verwaltungsstrukturprüfung in der Verwaltung auch umzusetzen. Bisher ist noch nicht viel passiert! Das Gutachten liegt seit dem Frühjahr 2017 auf dem Tisch! Es hat bisher 3 Treffen des Lenkungskreises gegeben! Wenn wir in diesem Tempo an diesem für die Verwaltung überlebenswichtigen Thema weiterarbeiten, werden die meistens der hier im Saal sitzenden Personen die Umsetzung nicht mehr erleben!

Vielleicht sollte auch darüber nachgedacht werden, weitere Anreize zur Gewinnung qualifizierten Personals zu schaffen, um benötigtes Personal nach Kempen zu holen. Kempen ist ein so attraktiver Wohnstandort. Wie wäre es, neues qualifiziertes Personal mit dem Bereitstellen von bezahlbarem Wohnraum zu holen und zu binden?

Das Thema bezahlbarer Wohnraum wird derzeit auf allen Ebenen diskutiert. Ob auf Bundesebene, im Landtag oder auch in den Kommunalparlamenten wird die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum gefordert. Ich kann aber nirgends eine ernste Initiative erkennen, die das Problem angehen möchte. Wir, die SPD Fraktion, haben die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum schon seit Jahren hier in Kempen gefordert. Angesichts einer elitären Wohnungspreisentwicklung gerade in der Altstadt von Kempen, haben wir auf die Notwendigkeit hingewiesen, darauf zu achten, dass auch in Kempen bezahlbarer Wohnraum angeboten werden muss. Bisher wurde immer damit argumentiert, dass das Angebot von Geschosswohnungsbau mit bezahlbarem Wohnraum für Investoren nicht attraktiv sei und somit Grundstücke mit einer solchen Vorgabe nicht zu vermarkten seien. Dass es für Investoren interessanter sein kann, hochpreisige Immobilien anzubieten, mag noch immer so sein! Aber kann dies das einzige Argument sein, auf diese Weise auf lange Sicht bezahlbaren Wohnraum zu verhindern. Wir als Rat der Stadt Kempen haben es in der Hand entsprechende Baugebiete in unseren Bebauungsplänen auszuweisen. Selbst für Flächen, die nicht in unserem Eigentum stehen, haben wir die Möglichkeit Vorgaben zum bezahlbaren Wohnen zu machen. Und davon sollten wir endlich auch Gebrauch machen!

In der letzten Ratssitzung wurde vom Bürgermeister und der Mehrheitsfraktion wieder einmal die Notwendigkeit hervorgehoben, in Kempen die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum zu ermöglichen. Aber auch wie schon im Wahlkampf vor 4 Jahren handelt es sich wahrscheinlich dabei wieder nur um heiße Luft, um Schaufensterreden! Man will für die Öffentlichkeit wieder einmal herausstellen, dass man auch an der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum interessiert sei. Das Handeln ist dann aber ein ganz anderes. Mit dem nun vorliegenden Beschluss wird wieder einmal nichts festgelegt. Der Beschluss ist so unkonkret, dass man daraus wieder nicht entnehmen kann, wie es mit dem bezahlbaren Wohnraum in Kempen weitergehen wird. In der Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Planung und Klimaschutz wurde mit dem Argument „man wolle eine Ghetto Bildung verhindern“ die Festlegung einer Quote überstimmt. Dieses Argument ist eine Unverschämtheit gegenüber allen betroffenen Personengruppen!

Wir haben und wir werden in Kempen im dreistelligen Bereich Wohnungen verlieren, die bis jetzt noch eine Sozialbindung hatten, also zu einem für Normalbürger bezahlbaren Preis angeboten werden. Was haben wir dem entgegen zu setzen? Auf der Wiesenstraße und zukünftig am Heyerdrink werden einige wenige Wohnungen angeboten, die für einen annehmbaren Mietpreis zu haben sind. Dies ist dann aber schon alles, was wir zur Zeit an bezahlbarem Wohnraum dazu bekommen. Ein gutes Beispiel für den Bedarf sind die durch den Bauherrn Markus Stahl an der Kreuzkapelle geschaffenen bezahlbaren Wohnungen. Für seine 8 Wohnungen hatte Herr Stahl 140 Interessenten!

Eine Gesellschaft besteht nicht nur aus Personengruppen, die Einkommen im 6 stelligen Bereich haben. Wir brauchen hier in Kempen auch Krankenpfleger, Erzieherinnen, Verkäuferinnen, Handwerker aller Gewerke, Mitarbeiter im Baubetriebshof und viele andere Menschen mehr, die sich die teuren Wohnungen in Kempen nicht mehr leisten können. Diese sind mittlerweile gezwungen in die umliegenden Städte zu ziehen. Angesichts des immer größer werdenden Fachkräftemangels finden sie dann dort auch Arbeit. Diese Menschen brauchen dann nicht bei immer weiter steigenden Benzinpreisen nach Kempen zu fahren, um dort zu arbeiten. Auch die Handwerksbetriebe, die Kempen verlassen, weil sie keine Mitarbeiter mehr finden, sind dann nicht mehr auf Aufträge aus Kempen angewiesen. In den umliegenden Städten finden sie nämlich auch genügend Aufträge. Und obendrein verlieren wir so Gewerbesteuerzahler! Dies mag Ihnen jetzt ein wenig überspitzt vorkommen, aber ich denke, dass es so kommen wird, wenn wir nicht langsam anfangen langfristiger zu denken.

Mit unserem Antrag im Ausschuss für Umwelt, Planung und Klimaschutz wollten wir eine verbindliche Quote in die Bebauungspläne verankern! Wir möchten so sicherstellen, dass wir in zukünftigen Baugebieten nicht nur wieder hochpreisigen Wohnraum erhalten.

Der nun vorliegende Beschluss ohne eine Festlegung zeigt wieder einmal, wie ernst man sich der Sache annehmen will. Dies ist der falsche Weg! Wir müssen endlich handeln und Fakten schaffen und auch nach außen dokumentieren und festlegen, dass es uns ernst ist mit der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum! Was ist das für ein Signal an alle Erzieher, Automechaniker, Lagerarbeiter, Rettungssanitäter, Mitarbeiter im handwerklichen Bereich der Stadtwerke, Mitarbeiter in unserer Verwaltung usw., wenn wir nicht endlich mal konkret werden. Sollen diese Menschen alle glauben, wir brauchen sie hier in Kempen nicht! Wir, die SPD Fraktion hier im Rat der Stadt Kempen möchten so auf keinen Fall weiter machen und fordern sie auf endlich konkret zu werden.

Kempen kann in den kommenden Jahren neben vielen anderen Festen auch ein paar besondere Feste feiern. Im kommenden Jahr können wir auf 725 Jahre Stadtrechte zurückblicken. Das Stadtarchiv, das wir ja bald verlieren werden, wird im Jahr 2020 hundertfünfzig Jahre alt. Im Jahre 2021 erleben wir den 550 Todestag von Thomas a Kempis. Alle diese Ereignisse bieten eine schöne Gelegenheit unsere Stadt Kempen wieder einmal herauszustellen und in den Blickpunkt der Öffentlichkeit, von Touristen und Interessierten zu rücken. Wir haben schon mehrfach auf diese Ereignisse hingewiesen. Im Haushaltplanentwurf für das Jahr 2019 muss man aber lange suchen, um Mittel zu finden, die zur Finanzierung eines entsprechenden Festes zur Feier der 725 Jahre Stadtrechte angedacht sind. Geplant ist von der Verwaltung dieses Jubiläum im September mit der klingenden Altstadt zu verbinden, die eventuell um einen verkaufsoffenen Sonntag erweitert wird. Ein klares Konzept für diese Feier gibt es noch nicht. Vielleicht lässt sich da ja noch etwas machen Herr Bürgermeister! Ich denke, dass dies dem Anlass ansonsten nicht gerecht wird! Andere Städte wären froh, eine solche Zahl vorweisen zu könne und sie würden daraus sicherlich mehr machen, als dieses Jubiläum im Rahmen eines Musikfestes mit verkaufsoffenem Sonntag nebenher laufen zu lassen.

Wie auch im letzten Jahr tun wir uns mit dem Beschluss über den Haushalt schwer! Wir sehen aber auch, dass dort nur Notwendigkeiten veranschlagt sind und werden aus diesem Grunde den Haushaltplanentwurf 2019 mittragen.

Ich danke Herr Kämmerer Geulmann und seinem Team für die geleistete Arbeit. Ich möchte dem Kämmerer aber auch noch für seine Haushaltsreede zur Einbringung des Haushaltes 2019 danken, in der er viele Bereiche und Problemfelder angesprochen hat, bei denen akuter Handlungsbedarf herrscht. Wenn diese Einsicht bereits in die Verwaltung eingekehrt ist, dann wird der Start des Veränderungsprozesses in eine erneuerte und effiziente Verwaltung nicht mehr weit entfernt sein!

Andreas Gareißen

Fraktionsvorsitzender der SPD Stadtratsfraktion